Eignet sich Luft wirklich zum Polstern von Sätteln?
Nachdem ich jetzt schon mehrfach gestandene Sattler mit tiefer Inbrunst verkünden hören habe, dass man mit Luft nicht satteln könne, wird es Zeit, dass ich dies hier aufgreife und aufkläre.
Einer dieser Sattler bemühte sich sogar um eine Begründung. Bislang der Einzige, den ich erlebt habe, der wenigstens nicht einfach einen "Isso"-Satz raushaut ohne weiter zu begründen. Immerhin! Seine Erklärung lautete: "Luft wird unter Kompression durch das Reitergewicht hart, also ist diese Polsterung nicht weich!"
Tatsächlich hat dieser Sattler recht! Solange man Luft nicht korrekt verwendet, ist dies tatsächlich so. Jedoch gibt es einen ganz einfachen, physikalischen Trick, der uns hilft, diese Gesetzmäßigkeit auszuhebeln: einfach Schaumstoff hinzu addieren (s. Zeichnung). Schaumstoff hat die Eigenschaft, die Härte von komprimierter Luft gewissermaßen zu "resorbieren", also durch seine eigene weiche Masse zu kompensieren.
Wenn Sie beispielsweise einen Fußball zum Teil mit Schaumstoff füllen und den restlich verbleibenden Raum mit Luft befüllen, wird er nicht die Festigkeit und Sprungkraft eines rein mit Luft befüllten Balls erhalten - richtig? Setzen Sie das Prinzip auf Autoreifen um - keine gute Idee, nicht wahr? Beim Polstern eines Sattels ist dies aber genau das, was wir brauchen: Die Luft kann ihren Job tun, nämlich sich immer genau so verteilen, wie der Pferderücken es gerade vorgibt - in Echtzeit. Der Schaumstoff bügelt den kleinen Schönheitsfehler dabei aus: Er nimmt der Luft ihre Härte, lässt ihr dabei aber das Spiel mit Konturen. Natürlich müssen beide Dinge - der Schaumstoff und die Lufttaschen - von Form, Volumen und Anordnung so aufeinander abgestimmt sein, dass sie ihren Job perfekt machen können. Darin liegt die Kunst.
Genial einfach - einfach genial, nicht wahr?
Wer es nicht recht glauben mag, probiere es einfach und befrage sein Pferd, was es davon hält.
Aber noch mal zurück zur Alltagsrealität: tatsächlich gibt es immer wieder Imitate von Flair, eines davon kursiert sehr breit verteilt am Markt. Ein Patent zu umgehen ist oft nicht einfach, ganz besonders dann, wenn es geschickt angemeldet ist und kaum Spielraum für Imitationen lässt. So findet man unter diesen Imitaten Formen und Materialien, die schlicht gesagt so einfälltig sind, dass sie schon beim ersten Betrachten offenbaren, warum sie nicht oder nicht gut funktionieren und trotz der Versuche, sich der Physik zu bedienen, bretthart erscheinen.
Neben den mangelhaften Eigenschaften im Verhalten als Polsterung kommt noch hinzu, dass die gewählten Materialien meist wahrlich nicht auf "Longlife" konzipiert sind. Sollbruchstellen sind in Konsumgütern üblich, sichern sie doch mittel- und Langfristig den Umsatz von Herstellern (s. z.B. das Glühbirnenkartell) - aber auf dem Pferderücken haben Sollbruchstellen absolut nichts zu suchen! Ein Pferd ist ein empfindsames Lebewesen, mit dessen Wohl nicht zugunsten von Umsatz gespielt werden darf!